Storytelling: Aufbau einer Geschichte
Storytelling, zu Deutsch “Geschichten erzählen”, begleitet uns unser ganzes Leben. Als Kinder bekommen wir Geschichten erzählt, später lassen wir unserer Kreativität freien Lauf und denken uns selbst Geschichten aus. Jede Story sollte einer Handlungsstruktur folgen. Dieses Gerüst hilft dem Leser oder der Leserin, der Geschichte besser folgen zu können und sie somit besser zu verstehen. Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Strukturen beim Storytelling etabliert. Hier aufgelistet findest du eine Übersicht der wichtigsten Plotmuster.
Inhaltsverzeichnis
Die Drei-Akte-Struktur
Sicherlich ist dir noch aus der Schulzeit bekannt, dass eine Geschichte in drei Akte untergliedert werden kann. Diese Art des Storytellings bietet dir viel Raum für Handlungsmöglichkeiten. Sie benötigt weniger Zeit und ist detailärmer als andere Methoden.
Einleitung: Am Anfang der Geschichte sollten deine Hauptcharaktere, deren Motive, der Ort sowie der zentrale Konflikt eingeführt werden.
Hauptteil: In der fortschreitenden Handlung spitzt sich der Konflikt immer weiter zu. Am Höhepunkt des Konflikts angekommen, nimmt dieser Überhand und der Protagonist oder die Protagonistin erleidet den Tiefpunkt der Geschichte.
Schluss: Zu guter Letzt schafft es die Hauptfigur, den Konflikt aufzulösen und den Tiefpunkt zu überwinden. In diesem Teil der Geschichte sollten noch offene Fragen beantwortet werden, um dem Lesepublikum ein zufriedenstellendes Ende zu präsentieren.
Als Überleitung zum nächsten Akt kann ein Wendepunkt eingebaut werden. Das könnte ein besonders wichtiges oder auch sehr überraschendes Ereignis sein. Während Einleitung und Schluss ca. 25% der Story einnehmen, macht der Hauptteil etwa 50% deines Werkes aus.
Die Vier-Akte-Struktur
Eine Erweiterung der Drei-Akte-Struktur stellt die Vier-Akte-Struktur dar. Neben der Einleitung, dem Höhepunkt und der Auflösung lässt sich hier die “Reaktion” finden, welche das Modell um eine Stufe ergänzt. Zwischen den Akten helfen Überleitungen dabei, deine Geschichte zu verfeinern.
Einleitung: Die Hauptfiguren, die Umgebung und der zentrale Konflikt werden eingeführt, um die Leser*innen ins Geschehen zu ziehen. Nach einem auslösenden Moment überlegt die Figur, ihre gewohnte Welt zu verlassen und sich einem Abenteuer zu stellen. In Überleitung 1, zwischen Einleitung und Reaktion, zweifelt die Hauptperson noch daran, das Abenteuer anzugehen. Schlussendlich wagt sie den Schritt jedoch.
Reaktion: Der Protagonist bzw. die Protagonistin stellt sich dem Abenteuer, lernt neue Regeln und bereitet sich vor. Während er oder sie die eigenen Fähigkeiten verbessert, spitzen sich die Probleme immer weiter zu. Am Mittelpunkt der Geschichte gibt es eine große Wendung, die zu neuen Herausforderungen führt – beispielsweise eine neue Bedrohung oder eine Wahrheit, die alles verändert.
Aktion: Der Konflikt eskaliert und die Hauptfigur muss selbst aktiv eingreifen, da Reaktionen nicht mehr ausreichen. Sie mobilisiert ihre Kräfte, um die drohende Niederlage abzuwenden. Zwischen Aktion und Auflösung (Überleitung 2) erlebt die Figur einen Tiefpunkt, bei dem alles verloren scheint.
Auflösung: Der Tiefpunkt wird überwunden und es kommt zum großen Finale mit einem Sieg, einer Niederlage oder einem offenen Ende der Geschichte.
Die Fünf Akte nach Freytag
Noch genauer gibt die Fünf-Akte-Struktur vor, was, wann und wie etwas in der Handlung geschieht. Der deutsche Dramatiker und Romanautor Gustav Freytag entdeckte dieses Handlungsmuster in Dramen von Shakespeare und im antiken Griechenland.
Exposition: In der Exposition werden wieder alle Hauptfiguren, Spieler und Gegenspieler, Örtlichkeiten sowie der Auslöser für den Konflikt dargelegt. Dieser muss jedoch nicht immer offensichtlich sein.
Handlungssteigerung: Weitere Komplikationen kommen hinzu, welche die Lösung des Konflikts verhindern und die Handlung in Bewegung bringen.
Klimax: Der Höhepunkt ist der spannendste Teil der Geschichte. Wie beim Drei- und Vier-Akter wird die Handlung und der Konflikt auf die Spitze getrieben.
Handlungsabfall: Die Spannung wird allmählich abgebaut und Nachwirkungen des Höhepunktes offenbart.
Denouement/Auflösung: Nach dem Abfall der Handlung wird der Konflikt endlich aufgelöst. Manchmal wird auch eine Moral der Geschichte oder eine Lektion übermittelt.
Die Sieben-Punkte-Struktur
Eine weitere Struktur für das Storytelling ist die Sieben-Punkte-Struktur, die im Grunde genommen auch eine erweiterte und ausführlichere Version der Drei-, Vier- und Fünf-Akte-Struktur ist. Sie wurde von Dan Wells entwickelt, der für seine Horror- und Science-Fiction-Werke Berühmtheit erlangt hat.
Aufhänger: Der Aufhänger ist das Gegenteil der Auflösung (7.), also die Aufbereitung des Konflikts. Es werden auch hier wieder die Protagonisten sowie das Umfeld vorgestellt.
Erste Wendung: In diesem Abschnitt wird der Konflikt offenbart. Neue Aspekte verändern das Geschehen, die Hauptfigur und ihre Umwelt.
Erster Kniff: Aufgrund einer negativen Situation werden die Protagonist*innen zur Reaktion animiert. Der Konflikt kann jedoch noch nicht gelöst werden. Die Gesamtsituation wird brenzliger.
Mittelpunkt: Die Lage spitzt sich weiter zu, sodass die Figuren nun aktiv handeln (müssen).
Zweiter Kniff: Die Situation wird zunehmend schlimmer. Der erste Versuch den Konflikt zu lösen geht schief, weshalb kaum mehr Hoffnung bleibt.
Zweite Wendung: Die Hauptfigur erlebt einen wichtigen Entwicklungsschritt, z. B. in Form einer Idee bzw. einer Erkenntnis. Eine andere Möglichkeit ist es, einen helfenden Gegenstand oder helfende Personen in die Handlung einzubringen.
Auflösung: Der Hauptkonflikt wird aufgelöst.
Es kann bei dieser Art des Storytellings hilfreich sein, zuerst den siebten Punkt, die “Auflösung”, zu verfassen und danach erst den “Aufhänger” zu schreiben, da beide das genaue Gegenteil des jeweils anderen darstellen.
Die Heldenreise
Das Schema der Heldenreise ist auch die Basis sämtlicher erfolgreicher Hollywood-Filme wie Star Wars oder Harry Potter. Die Zuschauer*innen bzw. Leser*innen sind also mit dem Ablauf vertraut und besonders offen gegenüber dieser Storytelling-Weise. Im Mittelpunkt steht – na klar, wer sonst – der Held bzw. die Heldin.
Die gewohnte Welt: Der Held lebt in seiner Alltagswelt und ist damit mehr oder minder zufrieden. Meist ist er ein Außenseiter, vielleicht ein Waisenkind, und merkt, dass es “da draußen” noch mehr geben muss. Seine Ängste oder Sehnsüchte werden gezeigt und welcher Mangel in seiner gewohnten Welt existiert. Beispiele sind der Mangel an etwas Aufregendem oder auch an Anerkennung und Liebe. In der gewohnten Welt findet nur ein kurzer Moment der Handlung statt, da danach die neue Welt erkundet wird.
- Der Ruf zum Abenteuer: Der Missstand in der alten Welt und ein erster Einblick in die Fremde regen ihn an, über den Aufbruch in ein Abenteuer nachzudenken.
- Die Verweigerung des Rufs: Da der Held gelernt hat, Risiken zu vermeiden, will er den Ruf nach dem Abenteuer ignorieren. Auch andere Figuren oder Umstände versuchen ihn von seinem Vorhaben abzuhalten. Gleichzeitig ist er sich aber bewusst, dass er dem Ruf folgen muss, wenn er seine Träume verwirklichen möchte.
- Begegnung mit dem Mentor: Neben “Möchtegern-Mentoren” trifft der Held auf seinen wahren Mentor, der ihm ohne Hintergedanken und Ansprüche mit Rat und Tat zur Seite steht und beide Welten kennt.
- Überschreiten der ersten Schwelle: Das Überschreiten der ersten Schwelle erfordert Mut und Willenskraft. Danach gibt es für den Helden kein Zurück mehr. Die neue Welt unterscheidet sich sehr von der alten.
Bewährungsproben, Verbündete, Feinde: Der Held muss die Regeln der neuen Welt lernen sowie wer Freund und wer Feind ist. Er muss sich erst noch orientieren und experimentiert mit seiner Rolle, wodurch er zum Risiko anderer wird. Der Held muss sich außerdem seiner Angst stellen, die ihm anfangs Probleme bereitete.
Vordringen in die tiefste Höhle: Der Held entwickelt ein Verständnis für das “große Ganze”. Er kennt die neue Welt nun besser und steht nicht nur seinem Erzfeind und Gegenspieler gegenüber, sondern erkennt auch seinen größten inneren Feind.
Entscheidungskampf: Dies ist der Wendepunkt der Geschichte, der die größte Veränderung mit sich bringt, welche nicht rückgängig gemacht werden kann. Beim Spiel gegen Leben und Tod tritt der Held auch seiner “dunklen Seite” gegenüber und verliert.
Belohnung und Ergreifen des Schwerts: Nach der “Wiedergeburt” blickt der Held zufrieden und selbstgestärkt auf das Geschehene zurück.
Rückweg: Mit seinen neuen Erfahrungen und Erkenntnissen kehrt der Held verändert zurück in die alte Welt. Dieser Rückweg wird in Hollywood-Filmen oftmals durch ein Wettrennen gegen die Zeit oder eine spannende Verfolgungsjagd inszeniert. Randfiguren werden unter Umständen geopfert.
Erneuerung/Verwandlung: Alle positiven Eigenschaften des Helden verbinden sich mit dem Gelernten. Im letzten Kampf geht es nicht wieder nur um sein Wohlergehen, sondern um das seiner ganzen Welt.
Rückkehr mit dem Elixier: Das Elixier besteht aus der Integration des Gelernten in den Alltag des Helden. Es bereichert und vereinfacht das Leben. Die Aufgabe wurde vom Helden bewältigt.
Die Schneeflockenmethode
Die Schneeflockenmethode gilt als eine der bekanntesten Plot-Strukturmethoden. Sie ist einfach umzusetzen und hat bereits vielen Bestseller-Autor*innen weitergeholfen. Ihre einzelnen Schritte bauen aufeinander auf und sind miteinander verbunden, sodass eine einzigartige, durch komplizierte Verknüpfungen verstrickte Geschichte entsteht.
Die gesamte Handlung in einem Satz: Im ersten Schritt geht es darum, deine Geschichte in einem Satz zusammenzufassen. Es gilt, folgende Aspekte zu beachten:
- Höchstzahl von 15 Wörtern
- Verallgemeinern
- Noch keine Figurennamen benutzen
- Aus Sicht der Hauptfigur schreiben
- Stelle dir die zentralen Fragen: Was ist das Ziel? Wovon handelt die Geschichte?
5 Sätze mit Katastrophen und nur eine Lösung: Im nächsten Schritt sollen 5 Sätze formuliert werden.
Der erste Satz handelt von der Hauptfigur, dem Ort der Handlung, evtl. dem Zeitraum und am wichtigsten: Der Hintergrund und Aufbau der Story soll erläutert werden.
Der zweite Satz schildert eine erste Katastrophe, den ersten Konflikt, mit dem sich die Hauptperson konfrontiert sieht.
Der dritte Satz umfasst die zweite Katastrophe, die sich ergibt, während die Hauptfigur noch versucht die erste Katastrophe unter Kontrolle zu bringen. Die Person verschlimmert die eigene Situation unbewusst.
Der vierte Satz beschreibt die dritte Katastrophe. Diese entsteht, während der Protagonist versucht die ersten beiden Katastrophen zu bewältigen.
Der fünfte Satz steht für den Schluss, der im Idealfall die Lösung aller bisherigen Katastrophen bedeutet.Die Protagonist*innen: In diesem Abschnitt sollen alle Hauptfiguren näher erläutert werden. Dabei können die Notizen zu folgenden Punkte helfen:
- Name
- Geschichte des Charakters in einem Satz
- Motivation, Ziele des Charakters
- Verhinderung der Ziele durch …
- Erkenntnisse und Veränderung des Charakters während der Geschichte
Aus 5 werden 25 Sätze: Nun gilt es, die 5 Sätze aus Schritt 2 mit jeweils 5 neuen Sätzen zu ergänzen. Am Ende entsteht ein Absatz mit 25 Sätzen. Beachte dabei: Alle Abschnitte enden in einer Katastrophe, nur der Schluss nicht. Folgendes kannst du in die neuen Sätzen einbauen:
- Auslöser: Wie und warum entsteht der Konflikt?
- Beteiligte: Wer partizipiert?
- Ausmaß: Wie konnte sich der Konflikt so drastisch verschlimmern?
- Umgang: Wie gehen die Charaktere damit um?
- Auftreten des nächsten Konflikts: Wie ist dieser entstanden, während versucht wurde, den ersten zu lösen?
Was bewegt deine Figuren?: Es sollte sich jetzt wieder intensiver mit den Charakteren auseinandergesetzt werden. In deinem Text kannst du folgende Fragen mit einbeziehen:
- Wie fühlen sich deine Figuren, was denken sie?
- Wer ist Freund und wer Feind?
- Welche Entwicklungen erleben deine Figuren?
- Welchen Moralkodex verfolgt deine Figur?
- Wie würde sie in den bedeutendsten Momenten deiner Geschichte handeln?
- Welche Stärken und Schwächen machen deine Figur aus?
Aus 25 Sätzen werden 4 Seiten: Wir kommen zurück zu deinen 25 Sätzen. Es ist Zeit, diese zu erweitern. Jedes 5er-Satz-Paket kannst du nun zu einer Seite weiterentwickeln. Du hast dann 4 Seiten Text. Auf diesen Seiten solltest du vermehrt auf die Logik und Strategie deiner Geschichte eingehen.
Mehr Infos über die Figuren: Es ist Zeit für die Hintergrundgeschichten der Charaktere. Du kannst dir über folgende Aspekte Gedanken machen:
- Lebenslauf
- äußeres Erscheinungsbild
- soziale Umgebung
- Geburtstag- und ort
- Motive
- Ziele
- Freizeitbeschäftigungen
- Ängste
- Eigenheiten
- Sprache
- prägende Erinnerungen etc.
Die Szenenplanung: Ausgehend von deinen vier Seiten Zusammenfassung beginnst du nun mit der Szenenplanung. Dafür erstellst du eine Tabelle, für jede Szene eine Zeile mit mehreren Spalten. Die Spalten geben die wichtigsten Details für alle Szenen vor. Vorschläge dafür sind:
- Ort
- Tageszeit
- Betrachtungswinkel
- Handlung
- Atmosphäre / Lichtverhältnisse
- wichtige Merkmale
Ergebnis nach dem Ausarbeiten: Eine Liste mit ca. 100 Szenen.
Jetzt wird ergänzt: Dieser Schritt ist optional. Ergebnis von Schritt 9 sollte eine 50-seitige Zusammenfassung sein, die aus ca. 100 Szenen besteht, die vorher durch Ergänzungen ausgearbeitet wurden.
Vom Entwurf zur fertigen Geschichte: Im letzten Schritt beginnt die eigentliche Arbeit, aber damit auch der beste Teil: Das Schreiben! Entfalte hier deine Kreativität, um die Charaktere und Szenen zum Leben zu erwecken.
Das Schreiben einer Zusammenfassung
Neben der Unterteilung in Akte oder der Heldenreise gibt es auch andere Methoden, die eigene Geschichte aufzubauen. Durch das Schreiben einer Zusammenfassung beispielsweise. Hierbei wird die eigene Geschichte lediglich in einem Fließtext zusammenfasst, ohne die Unterteilung in Kapitel oder Akte. Ein Vorteil ist, dass nicht sehr detailgetreu gearbeitet und auf bestimmte Einteilungen geachtet werden muss. Dies ermöglicht mehr Freiheiten und sorgt trotzdem dafür, einen roten Faden zu behalten. Zudem kann die Zusammenfassung als Vorlage für einen Inhaltstext und auch als Grundlage für das eigentliche Schreiben der Geschichte genutzt werden.
Die hier genannten Strukturen und Schemata zum Storytelling sind nur eine kleine Auswahl. Es gibt nicht die EINE richtige Struktur! Vielmehr kannst du beim Storytelling auch mehrere Muster anwenden, z. B. erst den Drei-Akter, den du später mithilfe des Sieben-Punkte-Systems verfeinerst. Hast du es schon einmal mit Sketchnotes versucht?
Schließlich können wir dir nun empfehlen, dir die Hilfe von qualifizierten Buchprofis zu holen. Ein professionelles Lektorat und ein professionelles Korrektorat werden dafür sorgen, dass dein Buch bereit für die Veröffentlichung ist.
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- Korrekturlesen + Überarbeitung
- wie du eine Schreibroutine aufbaust
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- die 7 häufigsten Fehler beim Schreiben